Drei Masterarbeiten, drei starke Ideen: Die VR Bank Nord zeichnet Susann Schulz, Leonie Dietz und Chantal Butenberg mit dem Hochschulpreis aus – für Lösungen, die Medizin, Nachhaltigkeit und digitale Nähe neu denken.

Der VR-Bank-Hochschulpreis ist mit insgesamt 6.000 Euro dotiert und wird jährlich für herausragende Abschlussarbeiten von der VR Bank Nord vergeben. Überreicht wurde der Preis von Hauke Präger von der VR Bank Nord eG, die das langjährige Engagement in der Hochschulförderung auch in diesem Jahr fortsetzte. „Es ist uns eine Herzensangelegenheit, junge Talente in unserer Region sichtbar zu machen und ihren Ideen eine Plattform zu geben“, betonte Präger bei der Preisverleihung.
Wir stellen die Preisträger*innen vor:
Mit ihrer herausragenden Masterarbeit im Studiengang E-Health an der Hochschule Flensburg hat Susann Schulz den ersten Preis des VR-Bank-Hochschulpreises gewonnen. In Zusammenarbeit mit der Universitätsmedizin Greifswald entwickelte sie ein umfassendes Konzept für ein Closed-Loop-Medication-Management-System, das die Arzneimitteltherapiesicherheit im Krankenhaus signifikant verbessern soll. Schulz widmet sich damit einem der gravierendsten Probleme im Gesundheitswesen: Medikationsfehler betreffen laut Studien jeden zehnten Patienten und verursachen jährlich bis zu 30.000 Todesfälle und immense Kosten für das deutsche Gesundheitssystem. Ziel ihrer Arbeit war es, durch die digitale Verzahnung aller am Medikationsprozess beteiligten Systeme – von der Verordnung bis zur Verabreichung – die Sicherheit für Patient*innen und Mitarbeitende zu erhöhen sowie gleichzeitig das Pflegepersonal zu entlasten. Im Zentrum ihres Konzepts steht die Einführung des sogenannten Fundador-Systems, einer patientenindividuellen, automatisierten Arzneimittelversorgung, bei der Medikamente zentral in der Krankenhausapotheke in Einzeldosen bereitgestellt werden. Alle Berufsgruppen – Ärztinnen, Pflegekräfte, Apotheker*innen – arbeiten dabei in einem einheitlichen System, um Medienbrüche zu vermeiden und eine durchgängige Dokumentation zu gewährleisten. Auf Basis einer detaillierten Analyse des Ist-Zustands an der Universitätsmedizin Greifswald identifizierte Schulz 15 zentrale Handlungsfelder und entwickelte einen praxistauglichen Leitfaden, der nicht nur in großen Kliniken, sondern auch in kleineren Häusern, wie sie für Schleswig-Holstein typisch sind, sowie in ambulanten Einrichtungen umgesetzt werden kann. Die Ergebnisse ihrer Arbeit zeigen eindrucksvoll, dass sich mit einem solchen System die Fehlerquote bei der Medikation von derzeit 56 Prozent auf 1,6 Prozent reduzieren lässt. Neben einem Zugewinn an Patientensicherheit bringt das System auch wirtschaftliche Vorteile: Es reduziert Verschwendung, optimiert die Medikamentenlogistik, verkürzt stationäre Aufenthalte und entlastet das Pflegepersonal.
Zwei zweite Plätze
Für ihre Masterarbeit im Studiengang Business Management mit Schwerpunkt auf nachhaltige und digitale Lieferketten wurde Leonie Dietz mit dem zweiten Preis des VR-Bank-Hochschulpreises ausgezeichnet. In ihrer Arbeit beschäftigt sich die heute als Nachhaltigkeitsmanagerin tätige Absolventin mit einer hochaktuellen Frage der Unternehmensverantwortung: Wie lassen sich wissenschaftlich fundierte Umweltziele – sogenannte Science-Based Targets for Nature – in heterogenen Unternehmensstrukturen etablieren? Während viele Firmen bereits Klimaziele formulieren, bleiben andere essenzielle Umweltbereiche wie Biodiversität, Landnutzung, Süßwasserressourcen oder Ozeane oft unterbelichtet. Dietz analysierte, wie Unternehmen auch in diesen Bereichen messbare und umsetzbare Ziele im Einklang mit den planetaren Grenzen formulieren können. Aufbauend auf ihrer praktischen Erfahrung in der Entwicklung kurzfristiger Klimaziele, entwickelte sie ein praxisorientiertes Rahmenmodell, das Herausforderungen und Chancen bei der Einführung solcher naturbezogener Ziele systematisch erfasst. Besonders im Fokus stand dabei eine komplexe, branchenübergreifende Unternehmensgruppe mit Aktivitäten in Handel, Logistik und Dienstleistung, ein Modell, das exemplarisch für viele mittelständisch geprägte Konzerne auch in Schleswig-Holstein steht. Die Arbeit zeigt nicht nur die strukturellen und kommunikativen Hürden bei der nachhaltigen Transformation auf, sondern macht auch deutlich, wie durch wissenschaftlich fundierte Zielsetzungen Innovationsprozesse, Mitarbeitendenbeteiligung und glaubwürdige Nachhaltigkeitskommunikation gefördert werden können.

Für ihre Masterarbeit im Studiengang Angewandte Informatik wurde Chantal Butenberg mit dem zweiten Preis des VR-Bank-Hochschulpreises ausgezeichnet. In ihrer Arbeit widmet sie sich einem hochrelevanten Thema der digitalen Gesellschaft: der zwischenmenschlichen Verbundenheit über räumliche Distanz hinweg. In Zusammenarbeit mit dem Forschungsprojekt Miteinander, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, entwickelte Butenberg ein innovatives Konzept für sogenannte „Verbundenheitsartefakte“ – technologische Hilfsmittel, die Menschen auf subtile, nicht-invasive Weise miteinander in Kontakt halten. Ausgangspunkt ihrer Forschung war die Erkenntnis, dass klassische digitale Kommunikation wie Telefonate oder Textnachrichten zwar informativen Austausch ermöglicht, aber häufig kein echtes Nähegefühl erzeugt. Angelehnt an das Konzept der „Awareness“ nach Marc Hassenzahl, konzipierte Butenberg eine modulare Toolbox, die auf bereits im Alltag vorhandene Smart-Home-Technologien wie Bewegungsmelder, Türkontakte oder smarte Leuchten zurückgreift. Diese Komponenten können individuell zu personalisierten Nähe-Systemen kombiniert werden, etwa indem ein Bewegungssensor zu Hause ein Lichtsignal bei einer nahestehenden Person auslöst – ein leiser, beiläufiger Hinweis auf Präsenz und Alltagsgeschehen. In Interviews und interaktiven Hands-on-Sessions mit Nutzer*inne entwickelte Butenberg nicht nur konkrete Anwendungsszenarien, sondern legte auch den Bedarf nach alternativen Formen der digitalen Nähe offen. Statt starrer, vorgefertigter Systeme setzt ihr Ansatz auf freie Konfiguration: Nutzer*innen können selbst entscheiden, welche Sensoren und Ausgabemedien miteinander verknüpft werden, welche Bedeutung bestimmte Signale haben und wie diese emotional aufgeladen werden – etwa durch ein gemeinsames Lieblingslied. Die Steuerung soll künftig über eine intuitive App erfolgen, die es Paaren, Freundeskreisen oder Familien erlaubt, ihre persönliche Vorstellung von Verbundenheit technisch umzusetzen. Mit ihrer praxisnahen, nutzerzentrierten Arbeit leistet Butenberg einen innovativen Beitrag zur Human-Computer-Interaction und zeigt zugleich eindrucksvoll, wie Informatik emotionale Bedürfnisse unterstützen kann.
