Wie menschliche Künstliche Intelligenz sein und welche Funktionen sie übernehmen soll, darüber spricht Annina Neumann. Über das landesweite KI Anwendungszentrum sollen die Kompetenzen der Professorin für Künstliche Intelligenz auch den Unternehmen zu Gute kommen.
Frau Neumann, zahlreiche Filme beschäftigen sich mit dem Thema Künstliche Intelligenz. Welchen finden Sie am besten: "Ex Machina" oder "Her"?
Nummer 5 lebt
Sie meinen den Streifen von 1986 über einen Kriegsroboter, der auf der Flucht menschliche Züge entwickelt? Wie kommen Sie auf den?
Der Film zeigt einen wichtigen Aspekt beim Umgang mit KI: Der Roboter verhält sich zwar sehr menschlich, es ist aber klar, dass es sich um einen Roboter handelt. Nicht um eine humanoide KI. Ich denke, es ist wichtig, dass wir das erkennen.
Aber ist es nicht angenehmer, mit einem Gegenüber zu interagieren, das menschliche Züge hat?
Natürlich braucht es menschliche Marker. Wir kommunizieren lieber mit einem menschlichen Gesicht, suchen Augenkontakt. Dementsprechend werden Roboter entwickelt und gebaut. Aber die Frage ist: Wann geht die Vermenschlichung zu weit?
Wie lautet Ihre Antwort?
Niemand will getäuscht werden. Wir neigen dazu, der KI menschliche Eigenschaften zuzuschreiben, zu glauben, sie nehme die Welt so wahr, wie wir. Aber KI hat keine Emotionen. Sie verarbeitet Dinge anders als ein Mensch. Eine KI kann beispielsweise direkt auf das Internet zugreifen oder ein Gespräch aufzeichnen. Daher darf nicht suggerieren werden, der Roboter sei ein Mensch. Nur so legen wir die Basis für eine vertrauenswürdige KI, bei der die Funktion im Mittelpunkt steht.
Welche Funktion soll Künstliche Intelligenz übernehmen?
Es hört sich banal an, aber sie soll unseren Alltag verbessern, sie soll uns helfen, besser zu leben. Ich denke da etwa an den Bereich Pflege.
Annina NeumannWir sollten uns immer fragen, wofür wir KI einsetzen wollen.
Viele Menschen haben Angst vor der KI, fürchten, von ihr ersetzt zu werden. Teilen Sie diese Sorgen?
Künstliche Intelligenz soll nicht einfach Menschen ersetzen. Mir geht es um eine menschenzentrierte KI, in dem eben beschriebenen Sinne: Unser Leben soll besser werden. Ich bin auch nicht dafür, dass KI-Anwendungen einfach entwickelt werden, nur, weil es aus technischer Sicht interessant und möglich ist.
Zum Beispiel?
Denken Sie an selbstfahrende Autos. Ein kontroverses Thema, das wir hier nicht abschließend behandeln können. Aber man kann sich ja schon fragen: Was verbessern autonome PKW denn eigentlich? Werden unsere Straßen dadurch sicherer? Wird die Umwelt geschont, werden schädliche Emissionen reduziert oder haben wir dadurch weniger Autos auf den Straßen? Sollten wir nicht lieber ein stärkeres Augenmerk auf autonome Busse legen, die auf festen Strecken verkehren? Was ich sagen will: Wir sollten uns immer fragen, wofür wir KI einsetzen wollen.
Also brauchen wir uns keine Sorgen machen!
Nein, vor der Künstlichen Intelligenz nicht – zumindest aktuell (noch) nicht. Aber davor, wie sie programmiert wird. Und von wem. Wie gehen wir damit um, wenn ein nur beschränkter Personenkreis KI so programmiert, dass sie Menschen schadet? Müssen wir beispielsweise Gesetze ändern? Diesen und anderen Fragen müssen wir uns widmen. Als Gesellschaft sind wir insgesamt nicht so gut vorbereitet, wie wir es sein sollten. Jeder Mensch sollte mit dem Thema KI in Berührung kommen.
Wie tragen Sie an der Hochschule Flensburg dazu bei?
Wir richten gerade ein Labor ein, um Einstiegsanwendungen, wie kleine Roboter, zu testen. Außerdem integrieren wir das Thema in vielen Studiengängen, nicht nur klassisch in der Informatik, sondern auch in eHealth oder Business Management. Dabei geht es eben nicht nur um die technische Seite, sondern auch darum, wo und wie man KI einsetzen kann, wie man sie zum Beispiel evaluiert.
Das dürfte nicht nur Ihre Studierenden interessieren.
Stimmt. Im Rahmen des KI Anwendungszentrums, einer Verbundinitiative der schleswig-holsteinischen Hochschulen (KI.SH), sprechen wir gezielt kleine und mittlere Unternehmen an, die KI einsetzen wollen, aber noch keinen Zugang haben. Dabei leisten wir zum einen Aufklärungsarbeit, unterstützen Firmen also dabei, einen Einblick ins Thema zu bekommen. Dann können sie besser beurteilen, ob sich der KI-Einsatz überhaupt lohnt und welche Rahmenbedingungen er benötigt. Zum anderen helfen wir aber auch beim Einsatz von konkreten KI-Anwendungen zur Lösung spezieller Probleme.
Info:
Das KI-Anwendungszentrum Schleswig-Holstein ist eine landesweite Einrichtung und wird durch eine Förderung aus dem Landesprogramm Wirtschaft 2021-2027 mit Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und mit Landesmitteln des Landes Schleswig-Holstein ermöglicht. Unter Federführung der CAU soll so in den nächsten Jahren der Transfer von der Wissenschaft in die Praxis weiter gestärkt werden. Das landesweite KI-Anwendungszentrum bündelt KI-Know-How und bietet kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), Erfinder*Innen und Startups in Schleswig-Holstein einfachen und unkomplizierten Zugang zu den KI-Kompetenzen der Hochschulen des Landes. Die Hochschule Flensburg bringt maßgeblich ihre Kompetenzen in den Bereichen KI-Infrastruktur, Management von KI und Sprachverarbeitung ein.