Die Hochschule Flensburg wurde kurzerhand zur regionalen Experimentierfläche für Künstliche Intelligenz: Über 36 Teilnehmende aus kleinen und mittleren Unternehmen wollten erleben, wie KI Arbeitsalltag und Geschäftsmodelle schon heute verändert. Der Andrang zeigte: Für den Mittelstand ist KI längst mehr als ein Tech-Buzzword – hier waren neugierige Unternehmerinnen und Unternehmer auf der Suche nach handfesten Lösungen.
Den Auftakt machte ein Workshop zum Thema Computer Use von Prof. Dr. Jan Gerken und Prof. Dr. Ralf Lübben. Unter dem Stichwort Computer Use wurden KI-Systeme diskutiert, die den eigenen Desktop beobachten, den Desktop steuern und eigenständig Aufgaben übernehmen. Nach einer Einführung von Rachana Niranjan Murthy, diskutierten etwa 16 Teilnehmende die Potenziale. Die entwickelten Ideen zeigen das Potenzial dieser Technologie, auch wenn noch nicht alles reibungslos funktioniert: E-Mails beantworten, Formulare ausfüllen, Daten automatisiert auswerten und aufbereiten. Aber auch die Herausforderungen wurden erkannt: Computer Use erfordert durchaus Ressourcen und funktioniert derzeit am besten mit den großen etablierten Anbietern und deren großen Modellen. Parallel entstehen auch lokale Lösungen, die Datenschutz und Unabhängigkeit in den Vordergrund stellen.
Ein enormer Bedarf nach Orientierung
Prof. Dr. Beatrice Podtschaske, Vizpräsidentin der Hochschule Flensburg, betonte in ihrer Begrüßung: Es ist gut und wichtig, dass sich viele mit dem Thema KI beschäftigen. Der KI Demo Day ist mehr als nur eine Veranstaltung, er ist eine Plattform für Austausch, für neue Ideen und für einen gemeinsamen Blick auf die Zukunft. Offenheit im Denken, kritische Auseinandersetzung und die gemeinsame Gestaltung der Zukunft sind die Leitgedanken des Events.
Hendrik Wesemann, Leiter der Beratungsstelle der IHK zu Flensburg, stellte klar: Die Initiative KI.SH passt perfekt zu den Aufgaben der Kammer. Das Interesse der Unternehmen an KI ist gigantisch, doch vielen fehlt die Orientierung. Sie wissen nicht, wie und wo KI sinnvoll eingesetzt werden kann. Gleichzeitig gibt es Ängste bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die verstanden und ernst genommen werden müssen. Der Demo Day schaffte genau diese Orientierung: Unternehmen sehen konkrete Beispiele, verstehen den Stand der Technologie und können Ängste abbauen – durch Wissen und persönliche Begegnung.
Zehn Demonstratoren zeigten, was heute bereits möglich ist
Der Kern des Abends: Die Ausstellung mit Live-Demos und kurzen Pitches. Unternehmen aus Flensburg und der näheren Umgebung sowie KI.SH-Projekte zeigten ihre Lösungen und die KI-Kompetenz der Region.
- 2wcom Systems GmbH präsentierte ein KI-basiertes Audio-Event-Detection-System, das Fehler in Audioübertragungen automatisch erkennt.
- Das Interreg-Projekt Care AI – vertreten durch die soventec GmbH und die Hochschule Flensburg - zeigte mit „Claire“ einen KI-Assistenten, der Pflegekräfte entlastet, Biographiedaten der Bewohner erfasst und so personenzentrierte Betreuung unterstützt.
- Die 2work GmbH demonstrierte ein Multi-Agenten-System, das gesprochene oder geschriebene Sprache in strukturierte Berichte umwandelt und Reporting-Aufwände deutlich reduziert.
- Team Energie präsentierte den KundenKompass, einen KI-Chatbot, der Kundenfeedback aus Umfragen auswertet und daraus strategische Impulse ableitet.
- DF Automotive GmbH zeigte einen Workflow, der in wenigen Minuten suchmaschinenoptimierte Blogbeiträge zu vorgegebenen Themen erstellt und so Teams bei redaktioneller Arbeit unterstützt.
- Die EpicAI GmbH stellte mit ChatCaptain eine SaaS-Plattform für KI-gestützte Voice- und Chat-Agenten vor, die die Kundenkommunikation automatisiert.
- Die Forschungsgruppe Deep Microscopy der Hochschule Flensburg zeigte, wie KI Pathologie und Mikroskopie unterstützt, indem große Bilddatensätze für Diagnosen – etwa bei Tumoren – effizient ausgewertet werden.
Aus dem KI.SH-Projekt kamen zudem mehrere Demos: eine KI-gestützte Nährwertanalyse per Foto, ein LEAB-Chatbot für die Navigation im Produktkatalog mit lokalen Sprachmodellen sowie der KI-Baukasten mit Bausteinen für eigene KI-Lösungen auf Basis lokaler LLMs.
Austausch, der in die Tiefe geht
Die Ausstellung war kein stilles Museum. In entspannter Atmosphäre gab es intensive Gespräche zwischen Aussteller*innen, Besucher*innen und KI-Expert*innen. Die Besucher*innen konnten ausprobieren, Fragen stellen, Netzwerke knüpfen und KI erleben.
So konnte der KI Demo Day inspirieren, informieren und ganz konkret werden. Bei den weiteren Schritten unterstützt KI.SH: von der Orientierung bis zur konkreten Umsetzung.
Autor: Matthias Nowc – KI.SH
KI.SH, bestehend aus dem KI-Anwendungszentrum und dem KI-Transfer-Hub, wird gefördert aus dem Landesprogramm Wirtschaft 2021-2027 mit Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (2610)