„Wir brauchen junge Menschen, die Lust haben, diesen Standort mitzugestalten“ – sagt Stefan Rother, Vorsitzender der Schiffsbetriebstechnischen Gesellschaft Flensburg (STGF). Im Interview spricht er über die Geschichte des Vereins, aktuelle maritime Themen und warum sich eine Mitgliedschaft besonders für Studierende lohnt.
Herr Rother, können Sie uns kurz die Geschichte der STGF erläutern und wie der Verein entstanden ist?
Das ist tatsächlich ein schwieriges Wort – Schiffsbetriebstechnische Gesellschaft Flensburg. Deshalb sagt hier eigentlich jeder nur STGF. Der Verein wurde 1954 gegründet, damals noch unter dem noch sperrigeren Namen „Gesellschaft der Freunde und Förderer der Schiffsingenieurschule Flensburg“. 1980 haben wir uns dann umbenannt in STGF, um unsere Aktivitäten präziser widerzuspiegeln. Die maritime Ausbildung in Flensburg hat ja eine lange Tradition – sie reicht bis ins Jahr 1877 zurück, mit der Gründung der Navigationsschule, und 1886 kam dann die Seemaschinistenschule hinzu. Daraus sind letztlich die heutigen maritimen Studiengänge der Hochschule Flensburg und die Fachschule für Seefahrt hervorgegangen. Insofern verstehen wir uns heute als Förderverein genau dieser beiden Einrichtungen.
Was macht die STGF heute aus, und welche Ziele verfolgt der Förderverein?
Wir haben zwei große Aufgabenfelder. Zum einen bieten wir den Studierenden der maritimen Studiengänge und den Schülerinnen und Schülern der Fachschule für Seefahrt eine Plattform, auf der sie sich zu aktuellen nautischen und technischen Themen informieren können. Zum anderen verstehen wir uns als Interessenvertretung der Schiffsingenieure – fachlich und politisch. Mit mehr als 400 Mitgliedern sind wir der größte Ortsverein im Verband Deutscher Schiffsingenieure. Wir kooperieren außerdem eng mit dem Verband Deutscher Kapitäne und Schiffsoffiziere. Das heißt, wir sind sowohl auf berufspolitischer Ebene aktiv als auch inhaltlich, wenn es um technische Entwicklungen oder neue Regularien geht.
Welche Fachvorträge oder Veranstaltungen organisiert die STGF regelmäßig?
Wir veranstalten regelmäßig Fachvorträge zu aktuellen Themen – vom Schiffsdesign über alternative Brennstoffe bis hin zu Umwelt- und Effizienzfragen im Schiffsbetrieb. Große Themen in den vergangenen Jahren waren zum Beispiel die Nutzung alternativer Kraftstoffe oder Fragen zur Emissionsreduzierung. Unsere Vorträge sind immer offen für Gäste und werden grundsätzlich hybrid angeboten, also vor Ort und online. Im Herbst machen wir in der Regel drei bis vier Veranstaltungen, im Frühjahr nach den Klausuren nochmal einige. Und ja – wer vorbeikommt, bekommt auch ein Kaltgetränk, das gehört bei uns dazu.
Für wen sind diese Veranstaltungen interessant?
In erster Linie natürlich für Studierende und Fachschüler – als Ergänzung zu den Studieninhalten. Aber wir freuen uns auch über externe Gäste, Alumni und alle, die sich für maritime Technik interessieren. Viele unserer Vorträge bieten die Möglichkeit, direkt mit Unternehmen aus der maritimen Industrie in Kontakt zu kommen. Und manchmal entstehen daraus auch spannende Abschlussarbeiten oder erste berufliche Kontakte.
Gibt es besonders erfolgreiche Veranstaltungen?
Ja, durchaus. Veranstaltungen zur Handhabung alternativer Brennstoffe oder zur Ursachenforschung bei technischen Schäden waren sehr gefragt – da hatten wir über 40 Teilnehmende. Das zeigt, dass das Interesse an solchen Spezialthemen groß ist, auch über den Campus hinaus.
Was hat Sie in letzter Zeit fachlich besonders beeindruckt?
Mich holen derzeit die umweltpolitischen Themen ab. Ich finde es spannend, dass es in der Schifffahrt Entwicklungen gibt, die auf den ersten Blick ganz einfach wirken – und sich dann als hochkomplex erweisen. Ein gutes Beispiel ist Methanol als alternativer Schiffskraftstoff. Das ist ein Alkohol, der sehr aggressiv ist. Da merkt man plötzlich, dass Dichtungen oder Leitungen nicht standhalten, dass Korrosion entsteht. Solche Details muss man verstehen, bevor man neue Techniken einführt. Es gibt viele solcher Nischenthemen, bei denen man sich fragt: Warum ist da vorher niemand draufgekommen? Oder umgekehrt: Wie konnte man nur glauben, das würde einfach funktionieren?
Warum lohnt es sich, Mitglied bei der STGF zu werden?
Ein Berufsstand kann nur stark sein, wenn er organisiert ist. Wir machen Lobbyarbeit – in Berlin, in Kiel, auf internationaler Ebene – und vertreten die Interessen unserer Mitglieder. Gleichzeitig bieten wir Unterstützung im Studium, fördern Exkursionen und studentische Projekte finanziell und vernetzen unsere Mitglieder. Der Beitrag von fünf Euro pro Semester für Studierende ist bewusst niedrig gehalten, damit diese im Studium einsteigen können. Und natürlich profitiert man vom Netzwerk – viele von uns sind in leitenden Positionen in der maritimen Wirtschaft tätig. Wir bieten natürlich auch Unterstützung an, wenn Studierende auf Exkursionen gehen oder wenn wir Anschaffungen unterstützen. Da bekommen sie von uns Gelder, um Kosten abzupuffern.
Wie können Studierende sich aktiv einbringen?
Unser Vorstand arbeitet ehrenamtlich und ist breit aufgestellt. Wir haben Vertreterinnen und Vertreter der Hochschule Flensburg und der Fachschule für Seefahrt – Studierende, Lehrende, Praktiker. Wir sprechen regelmäßig mit unseren Mitgliedern über Themenwünsche für Vorträge, über Messeteilnahmen oder Kooperationen. Diese enge Kommunikation sorgt für ein lebendiges Vereinsleben. Wir merken das auch an unseren Mitgliederzahlen, die in den letzten Jahren stetig gestiegen sind.
Welche Ziele und Visionen verfolgt die STGF für die nächsten Jahre?
Unser Hauptziel ist es, den Absolventinnen und Absolventen der nautischen und technischen Fachrichtungen eine Stimme zu geben – an Bord und an Land. Wir wollen die Ausbildungsoffensive in der maritimen Industrie mitgestalten und sehen uns als Bindeglied zwischen Berufsverbänden, Wirtschaft und Lehre. Konkret arbeiten wir zum Beispiel an der Neuausrichtung der internationalen STCW-Konvention mit, die die Standards für Ausbildung und Befähigungen in der Seeschifffahrt festlegt.
Gibt es Themen, die Sie in Zukunft besonders fördern möchten?
Ja, auf jeden Fall. Eine engere Vernetzung des Standorts Flensburg mit Reedereien, Behörden und Forschungseinrichtungen ist uns wichtig. Nur im Dialog können wir Ausbildung, Praxis und Regularien sinnvoll miteinander verbinden. Und natürlich wollen wir die maritime Forschung und Ausbildung in Flensburg sichtbarer machen – über unsere Zeitschrift, die viermal im Jahr erscheint, über unsere Website und über die Zusammenarbeit mit Verbänden und Institutionen.
Zum Schluss: Welche Botschaft möchten Sie potenziellen Mitgliedern oder Interessierten mit auf den Weg geben?
Ich finde, die STGF dient der Zukunftssicherung dieses Standorts. Wir sind das Sprachrohr für die maritime Ausbildung in Flensburg – Richtung Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Und wir brauchen Menschen, die Lust haben, diesen Standort mitzugestalten und sich zu engagieren.
Info: Die STGF – Schiffsbetriebstechnische Gesellschaft Flensburg e. V.
Gründungsjahr: 1954
Ziel: Förderung der maritimen Studiengänge an der Hochschule Flensburg und der Fachschule für Seefahrt Flensburg
Mitgliederzahl: über 400 – Tendenz steigend
Mitgliedsbeitrag: 5 € pro Semester (Studierende)
Aktivitäten:
- Fachvorträge zu aktuellen nautischen und technischen Themen
- Unterstützung von Exkursionen und studentischen Projekten
- Politische und fachliche Interessenvertretung im Verband Deutscher Schiffsingenieure
- Netzwerkplattform für Studierende, Alumni und Fachleute der maritimen Industrie
- 👉Weitere Informationen und Veranstaltungstermine:
www.stgf.de
Der nächste Vortrag findet am 11. November statt.