Kurz vor Weihnachten macht sich die Hochschule Flensburg ein ganz besonderes Geschenk. Unter der Baunummer 803 lief am Mittag bei der Flensburger Schiffbaugesellschaft FSG die „Autognom“ vom Stapel.
Die von der Hochschule Flensburg in Auftrag gegebene elektrisch und künftig voll autonom betriebene Personenfähre soll von 2025 an in den Erprobungsbetrieb auf der Flensburger Förde gehen. Taufpatin bei der FSG war Hochschulkanzlerin Maren Brechtefeld, die dem 10,5 m langen und 4,5 m breiten Schiff den besonderen Namen gab. Der Name ist ein Wortspiel, das sich aus den Begriffen „autonom“ und „Gnom“ zusammensetzt.
Die kleine Elektrofähre mit einem Maximalgewicht von 20 t ist eine reine Personenfähre, die künftig bis zu 12 Passagiere und drei Fahrräder transportieren darf. Die Landesregierung Schleswig-Holstein fördert das Projekt mit 300.000 € aus dem Exzellenz-und Strukturbudget des Landes.
„Mit der „Autognom“ wird unter anderem eine Projektplattform geschaffen, die für Forschungsaufgaben rund um die maritime E-Mobilität und autonome (Hilfs-)Systeme in Auftrag gegeben wurde“, so Projektleiter Prof. Dr.-Ing. Michael Thiemke vom Maritimen Zentrum der Hochschule Flensburg. Die Zusammenarbeit mit der Werft habe ich sich als Glücksfall dargestellt, so Thiemke, da die Mitarbeitenden mit hohem Engagement den Bau des Schiffs zügig und mit viel Umsicht vorangetrieben hätten.
Wenn die „Autognom“ von 2025 an in den Erprobungsbetrieb geht, wird die Fähre dann frühestens nicht nur Flensburger*innen und Tourist*innen über die Förde transportieren, sondern auch jede Menge nützliche Daten liefern – was den autonomen als auch den elektrischen Betrieb angeht. Es wird eine Forschungsfähre sein. „Wir wollen das Fahrzeug als zugelassene Fähre in einer kommerziellen Kooperation betreiben lassen“, erklärt Thiemke. So begrenze man Betriebs- und Instandhaltungskosten für die Hochschule und stelle praxisnahe Betriebssituationen ebenso wie ausreichend Betriebsstunden für Sensoren und Künstliche Intelligenz sicher. Natürlich ist jederzeit ein gefährdungsfreier Fährbetrieb sicherzustellen.
Aus diesem Grund wird das Boot mit einem Steuerhaus und Fahrzeugführer*innen ausgestattet und zumindest in den ersten Jahren nur unter mit betreuenden Behörden eng abgestimmten Bedingungen teilautonom navigieren dürfen.
Andere Systeme, wie zum Beispiel Auslösemechanismen für Rettungsmittel, Anker oder Lade-Infrastruktur, die eben nicht zum Kernbereich der Navigation gehören, können hingegen neben Möglichkeiten zur manuellen Betätigung voraussichtlich deutlich früher auch in einem parallelen teilautonomen Betrieb erprobt werden.
Während sich viele ähnlich gelagerte Projekte mit der Weiterentwicklung der autonomer Navigations-Technologie beschäftigen, kümmern sich deutlich weniger im Schwerpunkt um die weiteren Aspekte, die mit einer Zulassung für einen maritimen Personennahverkehr geregelt sein müssen, wenn der Fährbetrieb komplett ohne Personal an Bord und an den Anlegern ablaufen soll. „Genau in solchen Nischen-Bereichen suchen wir daher Betätigungsfelder.“
Unter anderem sollen Fragestellungen zum Ruderpropeller sowie zum Manövrierverhaltens der Fähre, zum autonomen Navigierens der Fähre inklusive An- und Ablegen, zur Auslegung eines elektrischen Manövrier- und Fahrantriebs mit Batteriespeichern und automatischem Nachladen über Landstrom behandelt werden. Auch Untersuchung zur angemessenen Reaktion des autonomen Schiffes auf unterschiedliche Notfallszenarien (Risk Management, Failure Mode Effective Analysis FMEA) steht auf dem Programm – nicht nur der Forschenden. Denn auch Studierende sollen eingebunden werden. „Beteiligte Studierende lernen in hohem Maße sehr aktuelle und praxisnahe Themen aus eigener Anschauung kennen“, sagt Thiemke. Schulen und Jugend-Forscht-Initiativen könnten zudem über die Plattform besser an attraktive maritime Themenstellungen herangeführt werden.