Ein Forschungsprojekt untersucht den Einsatz von Großwärmepumpen in Wärmenetzen und analysiert ihre wirtschaftlichen und ökologischen Potenziale. Die Ergebnisse bieten wertvolle Orientierung für Unternehmen, Stadtwerke und politische Entscheidungsträger.

Wärmepumpen stehen im Mittelpunkt aktueller Debatten um die Energiewende. Doch während der Fokus oft auf Haushaltslösungen liegt, richtet das Forschungsprojekt Hochtemperaturwärmepumpen in der Nah- und Fernwärmeversorgung seinen Blick auf eine andere Dimension: den Einsatz von Großwärmepumpen in Wärmenetzen. Die wissenschaftlichen Mitarbeiter Malte Fritz und Jonas Freißmann, die unter der Leitung von Prof. Dr. Ilja Tuschy forschen, untersuchen, welche Rolle diese Technologie in zukünftigen Wärmeversorgungssystemen spielen kann.
Technologische und wirtschaftliche Analyse
Das Projekt konzentriert sich auf Wärmepumpen, die kleine und große Versorgungsnetze – wie die von Stadtwerken oder Kommunen – mit Wärme beliefern. „Zunächst haben wir eine Art technisches Screening durchgeführt“, erklärt Jonas Freißmann. Sie betrachten verschiedene Bauarten von Wärmepumpen sowie deren Kältemittel und analysieren sie hinsichtlich Effizienz und Kosten. Grob gesagt: „Manche Wärmepumpen sind günstig, aber weniger effizient, während andere eine höhere Investition erfordern, langfristig aber wirtschaftlicher arbeiten“, so Malte Fritz.
Um die diversen Technologien praxisnah zu bewerten, integrieren die Forscher verschiedene Wärmepumpentypen modellhaft in unterschiedliche Wärmenetze. Ihr Ziel: herauszufinden, wie sich die Anlagen im realen Betrieb hinsichtlich Kosten und Emissionen unter schwankenden Rahmenbedingungen verhalten – insbesondere im Vergleich zu gasbetriebenen Wärmeerzeugern. Denn wie häufig und wie umfangreich eine Wärmepumpe eingesetzt wird, hängt davon ab, wie teuer der dafür benötigte Strom ist und wie hoch die Kosten der anderen Wärmeerzeuger sind. Zusätzlich beziehen die Forscher die Investitionskosten der verschiedenen Anlagen ein, um deren optimale Größe zu ermitteln. „Neben den ökonomischen haben wir auch ökologische Aspekte berücksichtigt und berechnet, welche Emissionen entstehen“, erklärt Jonas Freißmann. Nicht zuletzt haben sich die beiden mit den politischen Rahmenbedingungen auseinandergesetzt: Welche Fördermittel gibt es für Wärmepumpen, welche gesetzlichen Regelungen oder Verordnungen spielen eine Rolle und werden auch in Zukunft eine Rolle spielen. Zusammenfassend beschreibt Malte Fritz: „Hochtemperaturwärmepumpen können einen wichtigen Beitrag zur Wärmewende liefern. Dies hängt allerdings eher von den energiepolitischen und -wirtschaftlichen Rahmenbedingungen als von den technischen Details der konkreten Wärmepumpe ab.“
Eine Entscheidungshilfe für verschiedene Akteure
Welche Wärmepumpen werden aktuell gefördert, welche könnten in Zukunft attraktiver werden? Welche Auswirkungen haben steigende Gaspreise oder sinkende Stromkosten auf die Wirtschaftlichkeit von Wärmepumpen? Die Studie liefert also Antworten auf diese Fragen und ermöglicht eine vorausschauende Planung für Unternehmen und öffentliche Akteure. „Wir haben hier eine praxisnahe Entscheidungshilfe, die verschiedene Zielgruppen adressiert“, erklärt Prof. Dr. Ilja Tuschy. So können Unternehmen anhand der Ergebnisse bewerten, welche Wärmepumpentechnologie für ihr wirtschaftliches Umfeld am besten geeignet ist. Energieversorger und Stadtwerke erhalten konkrete Anhaltspunkte, welche Systeme sich für ihre Netze lohnen. Gleichzeitig profitieren auch kleinere Akteure wie dörfliche Genossenschaften oder kommunale Zusammenschlüsse, die eigene Wärmenetze betreiben möchten.
Politische Entscheidungsträger erhalten wertvolle Einblicke, um Förderprogramme gezielter auszurichten. Wie stark sollte die Förderung für Wärmepumpen ausfallen? Welche gesetzlichen Anpassungen könnten die Wärmewende weiter voranbringen? Tuschy: „Das Forschungsprojekt liefert eine fundierte Grundlage für diese Überlegungen.“
Open Source für die Wärmewende
Malte Fritz und Jonas Freißmann sind in der Arbeitsgruppe von Prof. Tuschy seit mehr als fünf Jahren in der Wärmeforschung aktiv und haben bereits in früheren Projekten, etwa zur Solarthermie, wertvolle Erkenntnisse gewonnen. Ihre Expertise fließt nun auch in das Projekt Inno!Nord ein, das eine breitere Nutzung ihrer entwickelten Methoden und Tools zum Ziel hat. Ein zentrales Anliegen dabei: Der Zugang zu Daten und Modellen soll offen und niederschwellig für alle interessierten Akteure möglich sein. Ihr Ansatz basiert auf Open Source und Open Data, damit ihre erarbeiteten Modelle und Analysewerkzeuge nicht nur einzelnen Interessensgruppen zur Verfügung stehen, sondern einer breiten Öffentlichkeit. „Die Wärmewende betrifft nahezu alle – deshalb sollen sich auch möglichst viele Akteure damit beschäftigen können“, betonen die Forscher.