Vom Zerkleinern der Rohstoffe übers Garen bis zur Verpackung: Studierende der Lebensmitteltechnologie an der Hochschule Flensburg sollen Wurst und Co. im industriellen Maßstab verarbeiten. Führende Unternehmen stellen Maschinen breit.
Er schaut sich um. Die große, weißgekachelte Halle ist leer. Wenn man spricht, hallt es. Doch vor seinem inneren Auge weiß Andreas Nicolai ganz genau, wie es in einigen Monaten hier aussehen soll. Studierende werden hier an Großmaschinen die Produktionskette von Lebensmitteln kennenlernen. Vom Zerkleinern der Rohstoffe, dem Abfüllen, übers Garen und Räuchern und dem Fermentieren bis zur Verpackung.
Andreas Nicolai lehrt seit fünf Jahren Lebensmittelprodukttechnologie an der Hochschule Flensburg. Seit dieser Zeit verfolgt er ein Ziel: Seinen Studierenden im Industriemaßstab zu zeigen, wie Lebensmittel produziert werden. „Wir wollen die Prozesse so abbilden, dass die Studierenden am praktischen Beispiel die Verarbeitung von Lebensmitteln an solchen Maschinenlernen, vergleichbar denen die sie später in der industriellen Verarbeitung vorfinden“, sagt Nicolai. Bisher geschehe das im Küchenmaßstab. „Wir bilden aber keine Köche aus. Sondern Lebensmitteltechnologen!“ Vor diesem Hintergrund sei es sinnvoll, den Maßstab upscalen zu können.
Prof. Dr. Andreas NicolaiDie Studierenden sollen die verschiedenen Parameter, die im Herstellungsprozess verändert werden können, kennenlernen und testen
In den kommenden Monaten wird sich das Technikum im Untergeschoss des D-Gebäudes mit Anlagen führender deutscher Maschinenbaufirmen füllen, die die Geräte als Leihgaben zur Verfügung stellen. „Unsere Maschinenbaupartner behalten sich vor, die Maschinen immer wieder gegen aktuelle Modelle auszutauschen, dadurch werden wir technologisch mit den Entwicklungen der Lebensmittelverarbeitung Schritt halten können“, freut sich Andreas Nicolai, der nun am Computer die erste Maschine präsentiert. Ein Kutter der Firma Seydelmann steht am Anfang der Produktionskette. „Hier können wir zirka 18 Kilogramm je Charge tierische oder pflanzliche Lebensmittel homogen mischen und fein zerkleinern“, erklärt der Professor. In einem Vakuumfüller der Firma Handtmann wird die Masse über ein Förderwerk abgefüllt. Das kann Natur- oder Kunstdarm sein, wenn beispielsweise Wurst hergestellt wird. Das abgefüllte Produkt wird dann in der Rauchanlage der Firma Schröter gekocht, kalt oder heiß geräuchert. Je nachdem, ob am Ende ein Kochschinken, eine Rohwurst oder Brühwürstchen weiterverarbeitet werden sollen. „Gleiches gilt selbstverständlich auch für vegane oder vegetarische Ersatzprodukte die zwar auf einer anderen Rohstoffauswahl beruhen, aber technologisch eben auch mit diesen Technologien verarbeitet werden“ erklärt Nicolai
„Die Studierenden sollen die verschiedenen Parameter, die im Herstellungsprozess verändert werden können, kennenlernen und testen“, erklärt Nicolai, der am Laptop die Funktionsfähigkeiten der Maschinen erläutert, die bald geleifert werden oder schon in verschiedenen Lagerräumen der Hochschule auf ihren Einsatz warten. Was geschieht etwa, wenn man die Rezeptur, die Temperatur, die Luftfeuchtigkeit oder die Räucherzeit verändert. Dabei sollen auch bewusst Fehler gemacht werden. Etwa an der Verpackungsmaschine der Firma Multivac, an der die Studierenden die Lebensmittel mittels Folien versiegeln. „Wir prüfen dann, ob die Schutzgaseinstellungen korrekt sind oder wie sich verschiedene Folienarten oder -dicken auf den Verpackungsprozess auswirken. “, so Nicolai. Ein Slicer der Firma Weber, der die Lebensmittel in Scheiben schneidet und portioniert, sowie eine Hygienewand der Firma Compact mit Wasch- und Desinfektionsmöglichkeiten für die richtige Personalhygiene werden die Produktionsstätte komplettieren.
Jetzt kreist der Hammer
Nicht nur die Studierenden werden von der praktischen Ausbildung profitieren, sondern auch die Partnerunternehmen. Denn: „Wir können neue Produkte, zum Beispiel Verpackungsfolien, testen. Oder uns auch konkrete Probleme, die bei den Firmen vor Ort entstehen, anschauen und versuchen zu lösen“, erklärt Andreas Nicolai.
Bleibt eine Frage: Was passiert mit den Lebensmitteln? „Einen Hofladen werden wir damit nicht betreiben“, sagt Nicolai mit einem Lächeln. Man sei im Austausch mit dem Veterinäramt, ob die Studierenden die von ihnen produzierten Lebensmittel zuhause verzehren dürfen. Falls nicht könnten sie Teil der Kreislaufwirtschaft und in Biogasanlagen verwendet werden, so Nicolai, der nun seinen Laptop zuklappt. Der Zuhörer hat nun ein Bild, wie der heute kahle Raum am Ende des Jahres aussehen soll.
Bis dahin ist noch viel zu tun. Derzeit wird altes Material herausgerissen. Nicolai: „Jetzt kreist erstmal der Hammer!“ Er schaut zufrieden.