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Neue Gleichstellungsbeauftragte zwischen Jeanne d'Arc, James Bond und Barbie

Jolyn Muijsers ist seit Juli neue Gleichstellungsbeauftragte der Hochschule Flensburg. Nun erklärt sie, wie sie den Anteil der Professorinnen erhöhen will - und was das mit Filmagenten, Kinderpuppen und Netflix zu tun hat.

Gut gelaunt: Gleichstellung war für Jolyn Muijsers schon früh ein Thema. Aus eigener Erfahrung.
Gut gelaunt: Gleichstellung war für Jolyn Muijsers schon früh ein Thema. Aus eigener Erfahrung. – Foto: Kristof Gatermann

Und plötzlich geht es um James Bond. Die Filmreihe, in der Frauen weitestgehend schmückendes Beiwerk für den weltrettenden Macho-Agenten sind. Das hatte seine Zeit. Findet Jolyn Muijsers. "Die Gesellschaft hat sich weiterentwickelt und wir müssen uns fragen, ob wir die dargestellten Umstände außer als künstlerische Zeitzeugen noch okay finden", sagt die neue Gleichstellungsbeauftragte. Und damit meint sie nicht nur die Welt des Films - sondern auch die Hochschule Flensburg.   

Im März wurde Jolyn Muijsers vom Senat der Hochschule zur Gleichstellungsbeauftragten gewählt. Dass sie damit an einer technisch-orientierten Hochschule ein "super unterrepräsentiertes Thema" besetzt, ist ihr klar. "Es braucht eine lange Phase der Sensibilisierung an einer technischen Hochschule. Aber ich mag Herausforderungen", sagt sie selbstbewusst. Und am Ende? "Wünsche ich mir, dass wir die Gesellschaft sehen, innerhalb der Hochschule reflektieren und so miteinander umgehen, dass wir niemanden diskriminieren. Ein Idealzustand. Das weiß Muijsers. Sie möchte pragmatisch vorgehen, sich genau anschauen, was an der Hochschule tatsächlich umzusetzen ist. "Ich komme nicht mit dem Hammer, bin keine Männer piksende Jeanne d'Arc, sondern spreche mit den Menschen", sagt sie. Und dann geht es um den neuen Barbie-Film.
 

Ich komme nicht mit dem Hammer, bin keine Männer piksende Jeanne d'Arc, sondern spreche mit den Menschen

Jolyn Muijsers

Die vorherrschenden patriarchalen Strukturen, die Männer mit Privilegien ausstatten, will sie natürlich durchbrechen. Doch das Gegenteil, das Matriarchat, sieht Jolyn Muijsers ebenso wenig als erstrebenswert an. Das zeigt der aktuelle Film um die weltweit bekannte Spielzeugpuppe sehr plastisch. Eine Gesellschaftsordnung, bei der die Frau eine bevorzugte Stellung in Staat und Familie innehat, funktioniere nicht. Klar, denn dann würden ja die Männer benachteiligt. Dass viele Menschen gestresst seien, wenn in immer mehr Filmen oder Netflix-Serien Gleichstellung, Diversität oder Queerness thematisiert werde, kann Muijsers verstehen. "Für mich ist es ein Fest. Aber für viele ist das schwer zu ertragen." Sie möchte die Menschen dazu bringen, sich zu hinterfragen. Das bedeutet für die Hochschule: Eigene Privilegien im Kontext Hochschule und die daraus erwachsene Verantwortung für die Menschen, die derer weniger haben, erkennen.

Bis Anfang kommenden Jahres will Jolyn Muijsers neben einem Gleichstellungsplan für die gesamte Hochschule auch ein Konzept für das Professorinnen-Programm 2030 vorlegen. Ging es in der vorherigen Förderrunde darum, in Sachen Professorinnen-Anteil gutaufgestellte Hochschulen weiter zu stärken, liegt der Schwerpunkt für die Jahre bis 2030 auf Hochschulen mit Förderbedarf. "Dabei wird auch weiterhin auf die Berufungen geschaut", erklärt Muijsers. Für neu erstberufene Frauen fließt Geld von Bund und Land. Die dadurch entstehenden finanziellen Freiräume muss die Hochschule dann für gleichstellungsspezifische Vorhaben, etwa den Ausbau von Betreuungsangeboten oder Unterstützungscoachings, nutzen.

Ich bin ein Kind der 80er. Meine Mutter hat immer gesagt, ich kann alles werden, unabhängig davon, wer oder was ich bin

Jolyn Muijsers

Am Ende muss noch die Frage nach dem Warum gestellt werden. Warum ist Gleichstellung für Jolyn Muijsers mehr als nur eine Profession? "Ich bin ein Kind der 80er. Meine Mutter hat immer gesagt, ich kann alles werden, unabhängig davon, wer oder was ich bin", erzählt sie. Mit Brille, Übergewicht und einem ausländischen Akzent hat die junge Muijsers schnell gemerkt: "Ich werde nicht wie die anderen Kinder behandelt!" Verstärkt hat sich diese Erfahrung, als sie im Studium ihre beiden Kinder zur Welt brachte. "Warum konnte ich nicht tun, was ich wollte, sondern war irgendwie hauptverantwortlich für die Kinder", fragt Muijsers zurückblickend. Sie fühlte sich in eine Rolle gedrängt, weil sie eine Frau ist. "Dann habe ich angefangen mir im Detail anzuschauen, warum das so ist."

Jetzt schaut sich Jolyn Muijsers die Hochschule Flensburg an.

Zur Person:

Jolyn Muijsers wurde 1982 in Drachten, Niederlande, geboren. An der Europa-Universität Flensburg hat sie Diplom-Pädagogik und Erwachsenenbildung studiert. Anschließend arbeitete Muijsers bei verschiedenen Trägern und konzipierte sowie leitete Frauencoachings. In den vergangenen sieben Jahren baute sie den Familienservice an der EUF auf.