Das Projekt „Energieeffiziente Energieversorgung Zentralklinikum“ (EEKlin) der Hochschule Flensburg beschreibt Stellschrauben zur Effizienzsteigerung im Krankenhausbetrieb.
Mit Technik in Krankenhäusern assoziiert man normalerweise Diagnosegeräte wie MRT oder auch medizinische Geräte, die im OP zum Einsatz kommen. Verlässt man aber die bekannten Flure und betritt die versteckten Räume der Versorgungstechnik, erweitert sich der Blickwinkel. Krankenhäuser sind sehr große Energieverbraucher im öffentlichen Raum. Dadurch bilden sie eine wichtige Stellschraube für den Energieverbrauch einer Stadt. Benötigt wird eine Vielzahl von Energieträgern wie Dampf, Druckluft, Kälte und Wärme sowie elektrischer Energie. Auch Krankenhäuser stehen vor der Herausforderung, ihren Energiebedarf zukünftig aus regenerativen Quellen decken zu müssen.
Vor diesem Hintergrund wurde das Forschungs- und Entwicklungsprojekt „Energieeffiziente Energieversorgung Zentralklinikum“ initiiert. Es handelt sich um ein von der Gesellschaft für Energie und Klimaschutz Schleswig-Holstein (EKSH) gefördertes Kooperationsprojekt zwischen den Krankenhäusern und der Hochschule in Flensburg. Das Projektteam der Hochschule Flensburg – unter der Leitung von Prof. Dr. Dirk Volta und den wissenschaftlichen Mitarbeitern Samanta Weber, André Lindemann und Ruben Harten – beschäftigt sich mit der Reduzierung des Energieverbrauchs mit dem Fokus auf den minimalen Energieverbrauch: „das Physikalische Optimum“. „Die Projektmitarbeiter sind nicht nur Bachelor-Absolvent*innen im Studiengang Energiewissenschaften der Hochschule Flensburg, sondern haben parallel zu ihrer Projektmitarbeit ihren Masterabschluss im Studiengang Systemtechnik erworben sowie wissenschaftliche Veröffentlichungen herausgebracht und sind somit besonders positive Beispiele, die auch eine Vorbildfunktion für unseren jüngeren Studierenden haben“, so Projektleiter Prof. Volta. Und er ergänzt mit einem gewissen Stolz: „Samanta Weber hat für ihre Abschlussarbeit sogar den Dr.-Hans-Adolf-Rossen-Preis erhalten“.
Mit dem Klimapakt Flensburg wird die Bedarfssenkung und Energieeffizienzbetrachtung auch im Hinblick auf das überaus wichtige Ziel betrachtet, die Treibhausgasemissionen soweit wie möglich zu reduzieren. „Wir sind seit über zehn Jahren Mitglied im Klimapakt – auch geleitet durch unseren christlich geprägten Gedanken zur Wahrung der Schöpfung“, so Jürgen Freitag (Leiter Immobilien, Bau und Technik, Diako-Krankenhaus), der das innovative Forschungsprojekt initiiert hat und der über die Projektergebnisse begeistert ist: „Wir haben hier eine qualitativ hochwertige Expertise erhalten, die auch bundesweit eine Modellfunktion einnimmt und die für die zukünftige Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen eine hervorragende Planungsgrundlage darstellt“.
In Flensburg bietet der geplante Neubau ein besonders interessantes Potenzial. Denn bereits vor der eigentlichen Planungsphase wurden Wege höherer Energieeffizienz betrachtet. Damit ist es für den Neubau möglich, eine ganzheitliche und eng ineinandergreifende Planung durchzuführen. Das neue Zentralkrankenhaus, das in Fusion der Ev.-Luth. Diakonissenanstalt zu Flensburg und Malteser Krankenhaus St. Franziskus-Hospital Flensburg entstehen wird, soll im Vergleich zu den bestehenden Häusern bezogen auf die Versorgungsleistung einen deutlich geringeren Energieverbrauch aufweisen. Eine Optimierung im Bestand hingegen wäre sowohl technisch als auch wirtschaftlich viel aufwändiger.
In dem Projekt wurden wesentliche Prozesse im Krankenhaus analysiert, um vermeidbare Verluste darzustellen. Zur Effizienz gehört auch die Prozesskopplung, bei der zum Beispiel die Abwärme, die für den einen Prozess einen Verlust darstellt, zum Nutzen des anderen Prozesses werden kann. Durch Konzeptvergleiche wird diejenige Versorgungsstrategie ermittelt, die energetisch am sparsamsten und dabei so klimaneutral wie möglich ist. Ein konkretes Beispiel ist die Sauerstoffversorgung zur Beatmung von Patient*innen. Durch die Lage Flensburgs in der Grenzregion ist neben den energetischen Aspekten auch die Frage der Versorgungssicherheit ausschlaggebend: Kann der Sauerstoff sinnvoller vor Ort produziert werden, oder ist der Einkauf und die Lieferung von Sauerstoff die bessere Alternative?
Um das Projektziel zu erreichen, wurden auch Möglichkeiten zur Steigerung des erneuerbaren Energieeinsatzes, wie die Umwandlung der solaren Einstrahlung auf die Dachflächen in Nutzenergie, untersucht. Daneben sind Konzepte für den Einsatz von Wärmepumpen betrachtet worden, die mit „grünem Strom“ betrieben werden. Als Ergebnis entstehen Handlungsempfehlungen zur Umsetzung der Energieversorgung des Zentralkrankenhauses. Weiterhin stellen die Projektergebnisse eine Grundlage für die Richtlinienarbeit der VDI 4663 (Verein Deutscher Ingenieure) dar.
Insgesamt dient das Projekt damit als Multiplikator, um Wissen auch für andere Krankenhäuser und Anwendungen mit ähnlichen Versorgungsstrategien zu generieren. Über die Region und Schleswig-Holstein hinaus trägt das Projekt somit im Gesundheitssektor und der Versorgungstechnik allgemein zum Fortschritt der Energiewende bei.