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Kielseng: Forschung zur Reduktion von Emissionen

Am Großmotoren-Forschungsstandort „Kielseng“ der Hochschule Flensburg wird seit Jahren in verschiedenen Forschungsprojekten an der Entstehung, Zusammensetzung und Maßnahmen zur Forschung zur Reduktion von Emissionen geforscht.

AVL EXCITE 2D-Modellansicht
AVL EXCITE 2D-Modellansicht

Was ist eigentlich Feinstaub?

Unter Feinstaub im verbrennungstechnischen Sinne versteht man ein Gemisch aus einer Vielzahl fester und flüssiger Partikel, zum Beispiel Kraftstoffreste, Asche oder Schmierölrückstände, die nach der Verbrennung übrigbleiben bzw. gebildet werden und mit dem Abgasstrom ausgestoßen werden. Rußpartikel haben einen bedeutenden Einfluss auf die globale Erwärmung. Die Art der Partikel entscheidet dabei, wie Einfluss genommen wird. Dunkle Partikel, zum Beispiel schwarzer Kohlenstoff, können sich auf Schnee- und Eisflächen ablagern, wodurch die Reflektion des Sonnenlichts gestört wird. Dies sowie die Eigenschaft des Rußes, direkt Sonnenlicht zu absorbieren, sorgt für eine Ausstrahlung von Wärme und ein schnelleres Schmelzen der Eismassen. Helle Partikel, beispielsweise Stickstoffverbindungen, beeinflussen genau gegenteilig, da die Partikel durch ihre Ansammlung und Veränderung von Wolkeneigenschaften kühlend wirken. Angesammelt in den Wolken haben helle Partikel eine reflektierende Eigenschaft, wodurch weniger Sonnenstrahlung zur Erde gelangt.

Die Partikel werden in drei Größenfraktionen unterteilt. Hierbei wird zwischen einem maximalen Durchmesser von 10 µm, 2,5 µm und <0,1 µm unterschieden. Grundlegend lässt sich sagen: Je kleiner die Partikel, desto gefährlicher sind diese für den menschlichen Organismus. Die Weltgesundheitsorganisation hat 2012 den aus dem Diesel-Verbrennungsprozess entstehenden Feinstaub als „sicher krebserregend“ eingestuft1. Die Gesundheitsgefährdung geschieht durch das Einatmen der Partikel, denn je kleiner sie sind desto tiefer können sie in den Körper gelangen. Während PM10 (particulate matter bis 10 µm) in der Regel noch größtenteils in der Nasenhöhle abgefangen werden, gelangen die Partikel der Fraktion PM2,5 bis in die Bronchen und Lungenbläschen. Die ultrafeinen Partikel mit dem Durchmesser von <0,1 µm gelangen bis in die Blutbahn und somit in den ganzen Körper.

Seit 2005 gibt es EU-weite Grenzwerte für PM10 und seit 2015 für PM2,5. Die Grenzwerte geben dabei eine gewisse Masse pro Kubikmeter Luft vor. Bei PM10 liegt der Jahresmittelgrenzwert bei 40 µg/m3 und bei PM2,5 sind es 25 µg/m3. Bezogen auf die internationale Seeschifffahrt gibt es für Motoren noch keine genauen Grenzwerte für Partikelemissionen. Die IMO regelt in MARPOL Annexe VI die Grenzen gekoppelt an die Kraftstoffqualität. Dabei wird der Schwefelgehalt des Kraftstoffes vorgegeben. Da dieser einen beachtlichen Teil der Partikel ausmacht, wird durch immer geringere Grenzen die Partikelemission gesenkt.

 

Links: abgewickelter Druckbereich; rechts: Detaillierte Ansicht des Zusammenspiels von Laufbuchsen und Kolben
Links: abgewickelter Druckbereich; rechts: Detaillierte Ansicht des Zusammenspiels von Laufbuchsen und Kolben

Forschung an Großmotoren

Am Großmotoren-Forschungsstandort „Kielseng“ der Hochschule Flensburg wird seit Jahren in verschiedenen Forschungsprojekten an der Entstehung, Zusammensetzung und Maßnahmen zur Reduktion von Emissionen geforscht. Aktuell läuft zum Beispiel ein Forschungsprojekt zur Verringerung der durch Schmieröl hervorgerufenen Abgasemissionen. In diesem wird unter anderem der Schmierölanteil im Abgas sowie dessen Wege ins Abgas näher untersucht. Einer der Wege wäre, an den Kolbenringen vorbei in den Brennraum. Eine Vielzahl von Parametern wie Anzahl, Geometrie, Anpressdruck von den Kolbenringen und Ölabstreifringen, Gestaltung der Nuten und der Liner-Oberflächen sowie Werkstoffkombinationen besitzen einen gewissen Einfluss auf den unerwünschten Öltransport über das Kolben-Ring-Paket in den Brennraum. Es wird allerdings auch davon ausgegangen, dass Verformungen des Liners als Abweichung von einer ideal-zylindrischen Laufbuchse zu erhöhtem Ölverbrauch beitragen, da das Formfüllungsvermögen der Kolbenringe bei Abweichungen von einer reinen Durchmesserzunahme der Laufbuchse deutlich abnimmt und sich hierdurch lokal höhere Schmierspalthöhen und erhöhter Verbleib des Schmierstoffes im Brennraum ergeben können. Um dieses Zusammenspiel des tribologischen Systems, bestehend aus Kolben, Kolbenringen und Laufbuchse, besser zu verstehen, wurde mit Hilfe von AVL EXCITE ein Mehrkörpersimulationsmodell erstellt.

Das Modell erlaubt uns, den Kraftfluss und die Spannungen der einzelnen Bauteile näher zu betrachten und die Überlagerung der durch Gas- und Vorspannkräfte sowie Wärmedehnung hervorgerufenen Laufbuchsenverformung nachzuvollziehen. Die Ergebnisse der Simulation werden durch eine Messung der Laufbuchsenverformung am Forschungsmotor validiert.

Ein weiterer Teil des Forschungsvorhabens ist die Analyse des Abgases vom Forschungsmotor, nach dem das Schmierölsystem in zwei separate Systeme unterteilt wurde. Durch die großzügigen Spenden der Werner-Petersen-Stiftung und der Schiffsbetriebstechnischen Gesellschaft Flensburg e.V. (STGF) konnte ein ursprünglich im Zusammenhang mit dem neuen MTU 4000-Gasmotor beschaffter Partikelgrössenspektrometer (TSI 3090 EEPS) um einen automatisch regelnden Thermoverdünner (TSI 3098) und ein Druckreduziermodul (TSI 3098-PR) erweitert werden. Die beiden genannten Spenden ermöglichen es, durch die Kombination der Komponenten fortan die Größenverteilung von Abgaspartikel im Bereich von 5,6 bis 560 nm - also PM<0,1 - auch in Dieselabgasen mit vergleichsweise hohen Partikelzahlen und im Bereich hoher, schwankender Drücke noch vor der Abgasturbine zu messen.

Durch das Messen direkt hinter den Zylindern, lassen sich bis zu drei Konfigurationen mit verschiedenen Variationen der Komponenten, z.B. verschiedene Ölabstreifring, variierend in ihrer Form und Anpresskraft zylinderindividuell messen.  

Spenden ermöglichen Forschung

Parallel zum Einsatz im Zusammenhang mit Schmierölemissionen wird derzeit eine weitere Anwendungsmöglichkeit des neuen Partikelmess-Systems am Forschungsstandort entwickelt und erprobt. Die Fähigkeit zur Messung von PM<0,1 ermöglicht es grundsätzlich auch, die Reinigungswirkung eines Abgaswäschers bezogen auf derartig kleine Partikel zu untersuchen. Kurz erklärt funktioniert ein Nasswäscher so, dass der Abgasstrom von unten durch die Anlage geleitet und mittels feiner Düsen Wassernebel eingespritzt wird. Dadurch werden Schadstoffe im Wasser gebunden und das daraus entstehende Schmutzwasser wird aufgefangen. Bei Nasswäschern ergibt sich dadurch jedoch ein neues Problem: der im austretenden, stark abgekühlten Abgas enthaltene Wassernebel, in dem wiederum auch noch Feststoffpartikel enthalten sind. Ein Lösungsansatz des Problems wird derzeitig im Zuge einer Bachelorthesis näher betrachtet. Da der Abgasstrom nach dem Nasswäscher neben einer vollständigen Sättigung mit Luftfeuchtigkeit auch eine hohe Beladung an Wassertröpfchen mit sich führt, muss das Abgas nicht nur verdünnt, sondern in hohem Maße auch vor dem Partikelmessgerät getrocknet werden, da es sonst zu Kondensatbildung im Messgerät kommen kann. In Versuchen, die im Rahmen der Bachelorthesis stattfinden, wird daher ein Teil des Abgasstroms umgeleitet und zum Abscheiden des mitgeführten Wassers, mittels Kondensation, durch einen vorgeschalteten Kondensator geleitet. Das verschmutzte Wasser kondensiert aus und wird zur näheren Analyse aufgefangen, während das verbleibende Abgas mit dem Partikelgrößenspektrometer analysiert werden soll.

Im kommenden Jahr werden die einzelnen hier nur kurz angerissenen Themen in weiteren Artikeln vertieft.

  1. https://www.bmu.de/themen/gesundheit-chemikalien/gesundheit/luftreinhaltung/feinstaub
TSI 3095 EEPMS im Betrieb
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