Covid-19 und Twitter: Studie der Hochschule Flensburg bietet spannende Einblicke in die Social-Media-Diskussionen rund um Corona.
Covid-19 ist nach wie vor allgegenwärtig. Dies trifft auch auf die sozialen Netzwerke zu. Alleine im April wurden auf Twitter mehr als 28,5 Millionen Tweets und zu Covid-19 verfasst. Grund genug, um diese Tweets mal genauer unter die Lupe zu nehmen, fanden Wissenschaftler*innen der Hochschule Flensburg. „Soziale Medien sind möglicherweise nicht repräsentativ für die Gesamtheit der Bevölkerung, spiegeln aber sehr gut wider, was Menschen bewegt“, so Dr. Kai Petersen, Professor für Software Engineering an der Hochschule Flensburg. Und die Ergebnisse erlauben interessante Einblicke, die für Entscheidungsträger*innen - sei es in Politik, Wirtschaft oder Gesundheitswesen - eine neue Entscheidungsgrundlage bilden können.
Basis für die Analyse war ein öffentlicher Datensatz mit Tweet-IDs, der bei zenodo.org verfügbar ist. Die Entscheidung für einen öffentlichen Datensatz ermöglicht die Reproduzierbarkeit dieser und auch möglicher künftiger Forschungsarbeiten. Allerdings kann auch ein vermeintlich fertiger Datensatz so seine Tücken haben: Da die Tweet-IDs nicht ausreichend sind, wurden die dazugehörigen Tweets über mehrere Wochen gesammelt. Die extrahieren Hashtags wurden insgesamt 13 Klassen zugeordnet, darunter Klassen wie Politik, Religion und Gesundheit.
Bereits anhand der Hashtags im April spiegeln sich Diskussionen wider, die uns auch heute noch begleitet. So dominieren im Bereich der Intervention mit #stayhome, #lockdown und #stayathome eher wertneutrale Begriffe. Der Hashtag #socialdistancing eröffnet bereits Interpretationsspielraum. Interessanterweise findet bereits im April der Hashtag #lockdown2 Verwendung, der die Twitter-Gemeinschaft offensichtlich schon länger beschäftigt.
Prof. Dr. Kai Petersen„Soziale Medien sind möglicherweise nicht repräsentativ für die Gesamtheit der Bevölkerung, spiegeln aber sehr gut wider, was Menschen bewegt“
Im Bereich „Social“ sticht der Hashtag #quarantinelife hervor, hinter dem sich meist tagtägliche Erfahrungen verbergen. Die unterschiedlichen Sichtweisen zu Covid-19 werden in diesem Bereich ebenfalls deutlich: Einerseits sind ermutigende Hashtags zu finden (#staystrong, #inthistogether, #staypositive), andererseits drückt der Hashtag #covidiots eine gewisse Gespaltenheit aus. Zudem werden Bedenken zum Ausdruck gebracht, wie beispielsweise mit dem Hashtag #isolation.
In den unterschiedlichen Kategorien verbergen sich weitere spannende Details. Die vollständige Studie soll kurzfristig zur Verfügung stehen, so dass ein Preprint bereits einsehbar ist.
Die Autor*innen sehen weitere Möglichkeiten. So seien die Analysemöglichkeiten bei Weitem noch nicht ausgeschöpft, wie Kai Petersen betont. „Mit dieser explorativen Studie konnten erste spannende Einblicke gewonnen werden. Das Potenzial des Datensatzes und der analytischen Möglichkeiten ist enorm. Beispielsweise bieten sich weitere regionale und zeitdynamische Analysen an.“ Die Übertragbarkeit auf andere Bereiche sei dabei gegeben, ergänzt Dr. Jan Gerken, Professor für Wirtschaftsinformatik: „Die Entwicklung unserer Werkzeuge erfolgt dabei, wenn immer möglich, domänenunabhängig, so dass die Anwendung in anderen Bereichen - beispielsweise im Zusammenhang mit Unternehmensentscheidungen - möglich sein soll.“