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Nachhaltig wirksam: Neue DIN SPEC bietet Orientierung für Start-ups und Kapitalgebende

Eine neue DIN SPEC schafft einen Bewertungsrahmen für die Nachhaltigkeitszertifizierung von Start-Ups. Thomas Neumann von der VentureWærft hat als Vertreter der Hochschule Flensburg an dem Dokument mitgearbeitet.

Thomas Neumann hat an dem Dokument mitgearbeitet.
Thomas Neumann hat an dem Dokument zur Nachhaltigkeitszertifizierung für StartUps mitgearbeitet. – Foto: Hochschule Flensburg/Dewanger

Sustainable Finance und Impact Investing sind Megatrends im Finanzsektor: Für Kapitalgebende wird die Nachhaltigkeitsbewertung von Gründungen deshalb immer wichtiger. Doch nach welchen Kriterien sind positive Wirkungen für Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft zu beurteilen? Welches Nachhaltigkeitsverständnis setzt die Maßstäbe? Und wie können sich Start-ups dabei auf dem Kapitalmarkt besser positionieren? Mit diesen Fragen beschäftigt sich die jetzt veröffentlichte DIN SPEC 90051-1.

Das Dokument bietet einen Bewertungsrahmen für die strukturierte Identifikation und Bewertung der heutigen und zukünftigen Nachhaltigkeitswirkungen von Start-ups. Sie umfasst wichtige definitorische und konzeptionelle Grundlagen zur Nachhaltigkeitsbewertung von Start-ups. Ein Praxistool ermöglicht eine unmittelbare, anwendungsfreundliche Bewertung. Die DIN SPEC 90051-1 richtet sich an Start-ups, Investierende und Kapitalgebende, Gründungsförderakteure sowie Bewertungsinstitutionen.

Der Prozess für die Entwicklung des Standards wurde vom Borderstep Institut für Innovation und Nachhaltigkeit gGmbH in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband Deutsche Startups e.V. und der Investmentgesellschaft SDG INVESTMENTS GmbH initiiert und begleitet.

Unter diesem Link kann die DIN SPEC 90051-1 kostenfrei bestellt werden: www.beuth.de/de/technische-regel/din-spec-90051-1/329926946

Eine englische Version wird in den kommenden Wochen bereitgestellt.

Hintergrund

Die DIN SPEC 90051-1 ist ein Standard im Sinne eines Orientierungsrahmens für die Nachhaltigkeitsbewertung von Start-ups und ihrer Wirkungen auf die Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft. Basierend auf einer qualitativen Bewertung gibt sie einen differenzierten Überblick darüber, wo ein Start-up in Bezug auf Nachhaltigkeit steht. Sie klärt Begrifflichkeiten sowie Prüfungskategorien und -kriterien für eine Nachhaltigkeitsbewertung.

Constanze Trautwein, Konsortialleiterin DIN SPEC 90051-1, Borderstep Institut für Innovation und Nachhaltigkeit gemeinnützige GmbH:

„In der Diskussion mit herausragenden Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis ist es uns gelungen, ein Rahmenwerk zu entwickeln, das eine wichtige Lücke zur Bewertung von Nachhaltigkeit schließt. Die DIN SPEC 90051-1 knüpft an die aktuellsten, internationalen Wirkungskonzepte an. Sie lädt dazu ein zu reflektieren, inwiefern ein Start-up die Fähigkeiten dafür mitbringt, positive Ergebnisse für Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft erzielen. Die DIN SPEC beleuchtet somit relevante Ausprägungen unternehmerischer Nachhaltigkeit in frühen Unternehmensphasen.“

Praxisorientierter Bewertungsansatz

Die DIN SPEC bietet einen praxisorientierten Bewertungsansatz, um die potenziellen und tatsächlichen Nachhaltigkeitswirkungen von Start-ups zu strukturieren und einzuordnen.

Prof. Dr. Klaus Fichter, Gründer und Leiter des Borderstep Instituts für Innovation und Nachhaltigkeit:

„Wir haben den Prozess für die Entwicklung des Standards gemeinsam mit dem Startup-Verband und SDG Investments initiiert, weil es bislang weder in Deutschland noch international klare Grundlagen gab, was unter Nachhaltigkeit von Start-ups zu verstehen ist und wie sie mit akzeptablem Aufwand bewertet werden kann. Die DIN SPEC 90051-1 ist nun weltweit der erste Orientierungsrahmen, der praxistaugliche Grundlagen liefert.“

Die DIN SPEC 90051-1 enthält im Anhang eine gekürzte Anwendungsversion, die sich auf die praktischen Elemente der Bewertung konzentriert. Das Dokument wird kostenfrei bereitgestellt.

DIN SPEC ist keine Norm, sondern ein Orientierungsrahmen

Wichtig: Eine DIN SPEC ist keine DIN NORM. Auch mit einer Zertifizierung oder einem Label sollte sie nicht verwechselt werden. Die Bewertung von Start-ups anhand der DIN SPEC 90051-1 beruht auf individuellen Einschätzungen und ermöglicht qualitative Vergleiche.

Björn Kaminski, Bundesverband Deutsche Startups e.V. Björn Kaminski, Bundesverband Deutsche Startups e.V, Projektleiter Green Startups & Sustainability:

"Mit der DIN SPEC 90051-1 haben wir zum ersten Mal ein Rahmenwerk geschaffen, dass vielen Start-ups und deren Unterstützern dabei helfen wird, ein einheitliches Nachhaltigkeitsverständnis zu entwickeln und umzusetzen. Ich freue mich sehr, dass wir nach einem Jahr intensiven Austauschs in einem hervorragenden Konsortium diese DIN SPEC veröffentlichen können. Sie ist ein sehr gelungenes Framework, um eine praxisorientierte Nachhaltigkeitsbewertung von Startups durchzuführen und deren Nachhaltigkeitswirkung einzuordnen. Wir haben erst vor Kurzem im Deutschen Startup Monitor 2020 die hohe Relevanz von ökologischer und gesellschaftlicher Nachhaltigkeit evaluiert und erfahren auch in unserer täglichen Arbeit die zunehmend große Bedeutung dieses Top-Themas bei Start-ups und Akteuren im Ökosystem. "

Für den Finanzsektor bietet der vorgelegte Standard eine Möglichkeit zur Bewertung von Start-ups und ihrer Lösungsbeitrage zu bestehenden Nachhaltigkeitsherausforderungen.

Robert Roth, SDG INVESTMENTS GmbH

"Viele Investoren von Versicherungen über Family Offices und Venture Fonds möchten Lösungsansätze für ökologische und soziale Probleme fördern. Ich weiß, in was ich investiere – das ist dieser Gruppe wichtig. Positive Effekte auf die Sustainable Development Goals werden zu einem Kriterium im Investmentprozess. Von daher vertreten wir bei SDG INVESTMENTS ganz klar die Meinung, dass jedes Gründungsteam von Anfang an im Blick haben sollte, für welches der 17 SDGs es mit seinen Produkten und Dienstleistungen eine Lösung anbieten kann. Bislang war ungeklärt, wie Bewertungsansätze die für etablierte Unternehmen entwickelt wurden, auf Start-ups übertragen werden können. Wir hoffen, dass die DIN SPEC 90051-1 einen Baustein sein wird, um diese Lücke von zwei Seiten zu schließen. Die in der DIN SPEC 90051-1 aufgezeigten Konzepte und Kriterien bieten Start-ups die Möglichkeit, ihre nachhaltige Wirkung gegenüber Investoren, aber auch gegenüber Kunden, Auftraggebern und Partnern transparent zu machen. Zusätzlich finden die Investoren in diesem Standard Ansätze, um die Nachhaltigkeit in den Investmentprozess einzubeziehen."

DIN SPEC berücksichtig besondere Eigenschaften von Start-ups

Während es bereits einige Ansätze zur Nachhaltigkeitsbewertung etablierter Unternehmen gibt, fehlt es bislang an einem Standard, der sich explizit auf Start-ups bezieht. Die DIN SPEC 90051-1 berücksichtigt die besonderen Eigenschaften von Start-ups in unterschiedlichen Entwicklungsphasen und ist für alle Branchen und Geschäftsmodellen (z.B. Non-Profit, For-Profit, Social Start-ups) anwendbar. Der Standard richtet sich an folgende Zielgruppen: Investierende und Kapitalgebende, Gründungsförderakteure, Start-ups sowie Bewertungsinstitutionen.

Mit der Veröffentlichung der DIN SPEC 90051-1 verfolgt das Konsortium:

  • die Unterstützung von politisch und gesellschaftlich gesetzten Nachhaltigkeitszielen
  • einen Beitrag zur Förderung von nachhaltigkeitsorientierter Unternehmensfinanzierung zu leisten (z.B. können impactinteressierte Investierende oder Kapitalgebende den Standard nutzen, um das Nachhaltigkeitspotenzial von Portfolio-Unternehmen zu bewerten)
  • Start-ups für die Etablierung von Nachhaltigkeit als Erfolgskriterium zu sensibilisieren
  • die Integration von Nachhaltigkeitskriterien in die Gründungsförderung zu vereinfachen.

DIN SPEC 90051-1: Wie geht es weiter?

Der vorliegende Teil 1 schafft einen Bewertungsrahmen hinsichtlich Begrifflichkeiten sowie Prüfungskategorien und -kriterien. Durch die bereitgestellten qualitativen Bewertungsindikatoren wird eine individuelle Bewertung von Start-ups ermöglicht, die Verbesserungspotentiale aufzeigt und qualitative Vergleiche ausgewählter junger Unternehmen ermöglicht. Ein quantitatives Bewertungsverfahren (Scoring etc.) liefert Teil 1 absichtsvoll nicht, da nach Auffassung der Verfasserinnen und Verfasser dazu in der Praxis erst noch Erfahrungen gesammelt werden müssen.

Im Teil 2 der DIN SPEC 90051-1 wird daher angestrebt, einen quantitativen Bewertungsansatz aufbauend auf Teil 1 zu entwickeln. Deshalb laden wir alle Nutzerinnen und Nutzer dieser DIN SPEC dazu ein, mit der Anwendung von Zahlen und quantifizierten Angaben zu experimentieren und dadurch mögliche Fallstricke frühzeitig aufzudecken. In der „DIN SPEC 90051-2“ soll dann auf Basis der gesammelten Praxiserfahrungen ein Ansatz entwickelt werden, der sich für Vergleiche zwischen unterschiedlichen Start-ups anbietet und somit einen Anreiz für die Nachhaltigkeitsorientierung ganzer Branchen oder der gesamten Wirtschaft schafft.