Wer in Deutschland studieren will, muss - das ist klar - sehr gut Deutsch sprechen. Darum bieten fast alle Hochschulen in Deutschland mittlerweile Deutschkurse für Geflüchtete an.
Menschen, die eine Hochschulzugangsberechtigung in ihrem Heimatland erworben haben und denen nur noch die entsprechenden Deutschkenntnisse fehlen, sollen so für ein Studium qualifiziert werden. Das Angebot der Hochschule Flensburg geht einen Schritt weiter.
Denn die Erfahrung zeigt, dass selbst sehr gute Deutschkenntnisse oft für ein Studium nicht ausreichen. Es fehlt das Fachdeutsch, gerade für die Fächer, die an der Hochschule angeboten werden. Dr. Steffen Kluge, Professor am Fachbereich Energie und Biotechnologie erläutert: „Das Problem sind nicht die echten Fachbegriffe, die in Studium vermittelt werden, sondern die technische Umgangssprache. Was ist zum Beispiel in einem technischen Fach der Unterschied zwischen Belastung und Beanspruchung? Wie liest man mathematische Formeln oder spricht physikalische Gleichungen aus? Ein Moment ist ein kurzer Augenblick oder eine Kraft bei der Drehung, das Drehmoment. Ein Problem ist auch, dass viele Wörter kontextabhängig sind; z.B. ist ein Pedal am Fahrrad etwas anders als im Auto oder beim Klavier.“
Hinzu kommt, dass in Deutschland eine andere akademische Kultur als in vielen Heimatländern der Geflüchteten existiert: Wie schreibt man hier eine Hausarbeit? Worüber kann ich mit dem Professor oder der Professorin in der Mensa reden und worüber lieber nicht? Wie kritisch darf man in Vorlesungen nachfragen? In der Folge sind viele Geflüchtete nur auf dem Papier genauso studierfähig wie ihre Altersgenossen mit deutschem Schulabschluss und haben dann im Studium oft unerwartete oder vermeidbare Probleme.
Hier setzt nun die Hochschule Flensburg mit ihrem neuen Angebot eines Vorstudiums an. Im Baukastensystem können sich Geflüchtete auf ein Studium an der Hochschule ein Semester lang vorbereiten. Deutsch wird mit Profilfächern wie Grundwissen BWL, Mathematik oder Programmierung kombiniert. Hinzu kommen Kurse im akademischen Arbeiten und akademischer Kultur. Innerhalb eines Semesters werden die jungen Menschen damit optimal auf ein Studium an der Hochschule vorbereitet.
Für den Sprachunterricht werden die beiden neuen Sprachlabore an der Hochschule genutzt, die einen Live-Austausch unter den Teilnehmer*innen und mit den beiden Sprachlehrerinnen ermöglichen. So können zum Beispiel typische Studiersituationen simuliert und spezielle Vokabellisten angelegt werden, in denen gleich die richtige Aussprache und das Hörverständnis geschult werden.
Die Leiterin der Abteilung International Relations, Janntje Böhlke-Itzen, ist von der Wichtigkeit des neuen Angebots überzeugt: Integration und Akzeptanz der neuen Gruppe Studierender hängen auch von deren Leistungsfähigkeit vom ersten Tag an ab. „Wir wollen, dass alle die gleichen Chancen haben – und im Studium auch wirklich zeigen können, was in ihnen steckt.“
Das nächste Vorstudium fängt voraussichtlich in März 2019 an. Bewerbungen können über das Onlineformular eingereicht werden.
Weitere Informationen dazu erhalten Sie von Brian Andersen unter der Emailadresse vorstudium@hs-flensburg.de. Außerdem gibt es eine gemeinsame Infoveranstaltung der Europa-Universität Flensburg und der Hochschule Flensburg am 21. März, 16 - 18 Uhr, im Gebäude Helsinki Raum HEL 067.