Das Institut für Windenergietechnik (WETI) untersucht in einem Forschungsvorhaben die Einflüsse unterschiedlicher Fehlausrichtungen des Rotors auf den Energieertrag und die Lasteinwirkungen an einer realen Windenergieanlage
Die Theorie ist allgemein bekannt: Windenergieanlagen (WEA) wandeln die kinetische Energie der Luftströmung in elektrische Energie um. Damit dies aber überhaupt geschehen kann, muss zunächst die Energie des Windes mithilfe des Rotors in Rotationsenergie überführt werden. Hierzu werden die Anlagen aktiv entgegen der Windrichtung ausgerichtet. Das Ziel der Hersteller von WEA ist es hierbei, die Rotorleistung so weit zu maximieren, dass ein Optimum der Windleistung genutzt werden kann. Damit dies möglichst gut funktioniert kommt es auf die richtige Ausrichtung von WEA in den Wind an.
Was im ersten Moment selbstverständlich wie auch trivial zu sein scheint, ist in der Praxis jedoch eine weitaus kompliziere Angelegenheit. Prof. Dr.-Ing. Torsten Faber, Leiter des WETI an der Hochschule Flensburg, erklärt: „Die Differenz zwischen der Windrichtung und der Ausrichtung der Rotornabe wird in der Fachwelt als Gierwinkelfehler bezeichnet. Ist dieser größer als null, so verkleinert sich die mögliche angeströmte Rotorfläche. Zusätzlich kommt es zu weiteren aerodynamischen Einflüssen, welche in der Folge insbesondere Auswirkungen auf den Energieertrag und die Lasteinwirkungen haben. Diese Effekte sind bislang in der Praxis nur unzureichend erforscht.“ Die Gründe hierfür sind, dass das Erkennen einer Gondelfehlausrichtung ohne zusätzliche Sensorik nur schwer, in den meisten Fällen jedoch gar nicht, möglich ist. Wird dann doch ein Gierwinkelfehler detektiert, so fehlen in der Regel die Sensoren zur Erfassung von Lasten an der Struktur, da diese in kommerziellen WEA kein Standard sind.
Faber und der wissenschaftliche Mitarbeiter Marcel Schedat haben sich deshalb dieser Problematik angenommen und untersuchen seit Anfang des Jahres die Auswirkungen von Gierwinkelfehlern. Neben der theoretischen Analyse wurde besonders Wert auf die praxisnahe Erforschung gelegt, weshalb auch eine Messkampagne an einer realen WEA in Eggebek (siehe Bild) initiiert wurde. „Wir haben mittlerweile ein beachtliches Repertoire an Messtechnik in der Forschungsanlage verbaut, welches uns eine Validierung von zuvor nur theoretisch bekannten Erkenntnissen ermöglicht“, sagt Schedat. Seit Mitte dieses Jahres werden bereits Daten an verschiedenen Positionen der WEA erfasst und erste Auswertungen werden bald erwartet.
Das zweijährige Forschungsvorhaben wird von der Gesellschaft für Energie und Klimaschutz Schleswig-Holstein GmbH (EKSH) gefördert und durch die Projektpartner Denker&Wulf AG, ROMO Wind GmbH und Senvion GmbH unterstützt.