Forscher der Hochschule Flensburg wollen den Netzausbau optimieren. Eine öffentlich zugängliche Software soll die Energiewende transparenter, effizienter und für die Bevölkerung nachvollziehbarer machen.
Mehr Transparenz und Effizienz bei der Gestaltung der Energiewende – dafür wollen Forscher rund um den Flensburger Professor Jochen Wendiggensen und den Promotions-Studenten Ulf Müller sorgen. „Open_eGo“ heißt das Projekt, bei dem mithilfe von Algorithmen aus den verschiedenen und zum Teil widerstreitenden Interessen, Vorschlägen und Modellen die optimale Lösung für den Aus- bzw. Umbau des Stromnetzes generiert wird. Und der Bedarf an solch einer Software ist groß: Mehr als 800 Betreiber in Deutschland treffen alleine beim Netzausbau – der unumgänglich für die Energiewende ist – aufeinander. „Es geht darum, eine Lösungsmethode zu entwickeln, die den optimalen Netz- und Speicherausbau für Deutschland errechnen kann“, erklärt Ulf Müller. Im Mittelpunkt steht dabei die volkswirtschaftliche Sinnhaftigkeit.
Bisher, so Müller, habe man aus Kostengründen vornehmlich auf den Netzausbau gesetzt, teurere Speichertechnologie dagegen eher ausgeklammert. Diese werde aber bei stetig zunehmender Nutzung von erneuerbaren Energie dringend benötigt. Mit „open_eGo“ sollen von vorneherein Planungen ermöglicht werden, die beide Aspekte optimal miteinander kombinieren. Soll im windreichen Niebüll ein Speicher für die Windenergie gebaut werden oder eine Leitung nach Bayern gelegt werden, und Solarstrom in den Norden geleitet werden? Gleichzeitig können Vorhaben von Netzbetreibern, die stärker auf den betriebswirtschaftlichen Vorteil zielen, auf den volkswirtschaftlichen Nutzen untersucht werden. Die Energiewende wird damit, so die Hoffnung von Wendiggensen und seinen Mitstreitern, nachvollziehbarer und transparenter. Manch harter Widerstand in der Bevölkerung könnte so überwunden werden. Zumal die Software als Open-Source für andere Nutzer frei zugänglich sein wird.
Auch bei der Erarbeitung der Software setzt das Projektteam ausschließlich auf Daten, die öffentlich zugänglich sind. „Das ist nicht einfach“, gibt Müller zu, aber die Energiekonzerne geben ihre Daten und Modelle nicht raus. Damit, so Müller, sind ihre Angaben nicht wissenschaftlich reproduzierbar und nachvollziehbar. „Unser Tool soll jeder nutzen, auch weiterentwickeln und verändern können“, sagt Müller. Gleichzeitig sieht er auch die Politik und die Behörden als Hauptzielgruppe für die neue Software, um geeignete Strategien zu finden. „Eigentlich richten wir uns an alle Entscheidungsträger, die ihre Handlung bewertet haben wollen.“
Unterstützt wird das Projekt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie mit 1,8 Millionen Euro bis Mitte 2018. Die Hochschule Flensburg übernimmt dabei die Projektleitung und koordiniert die Arbeit mit den Verbundpartnern Europa-Universität Flensburg über das Zentrum für nachhaltige Energiesysteme (ZNES), dem Reiner Lemoine Institut (Berlin), dem Next Energy – EWE-Forschungszentrum für Energietechnologie (Oldenburg) und der Otto-von-Guericke-Universität (Magdeburg).