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Gregor Gysi spricht auf dem Flensburger Campus

Linkenpolitiker Gregor Gysi spricht vor 800 Menschen auf dem Flensburger Campus – und warnt: "Damit die Krisen nicht die Totengräber werden: Europa transparent, sozial und demokratisch gestalten."

Gregor Gysi spricht im Audimax.

Gregor Gysi spricht im Audimax. Torsten Haase

Gregor Gysi spricht im Audimax.

Gregor Gysi spricht im Audimax. Torsten Haase

Prof. Dr. Holger Watter, Präsident der Hochschule Flensburg, begrüßt Dr. Gregor Gysi.

Prof. Dr. Holger Watter, Präsident der Hochschule Flensburg, begrüßt Dr. Gregor Gysi. Torsten Haase

Um 17:45 Uhr mussten die Türen zum Hörsaalgebäude geschlossen werden: Alle drei Hörsäle waren voll besetzt. Rund 800 Menschen waren am Mittwoch, den 13. Juli, auf den Campus Flensburg gekommen, um Gregor Gysi zu sehen. Der 68-jährige Jurist, bis 2015 Vorsitzender der Linksfraktion im Deutschen Bundestag, sprach über das Verhältnis von Deutschland und Europa. „Die rechten Parteien haben es mit ihrer Kritik an der Europäischen Union zu leicht“, sagte Gysi. Es sei zwar richtig: „Die Europäische Union ist unsozial, undemokratisch, nicht nachhaltig, intransparent und bürokratisch“. Doch die Antwort der Rechtspopulisten auf diese Missstände, die EU einfach abzuschaffen, sei falsch. Er hält dagegen: Trotz ihrer Mängel müsse man die Europäische Union retten. Denn sie verhindere Kriege zwischen ihren Mitgliedsländern – auf einem Kontinent, der über Jahrhunderte von Kriegen betroffen worden sei. Man müsse die Gründungsideen der Europäischen Vereinigung ernst nehmen: Frieden, Wohlstand und Demokratie. „Wenn man Europa wirklich will“, so der Linkenpolitiker, „dürfen diese Ideen nicht ein bloßes Bekenntnis bleiben. Nimmt man diese Ideen nicht ernst, gestaltet man Europa nicht demokratisch und sozial, so wird es zerfallen.“

Scharfzüngig und schlagfertig kritisierte Gysi die politische Dominanz Deutschlands innerhalb der Europäischen Union. Deutschland habe in der Griechenlandkrise politisch unklug gehandelt, indem es Griechenland zu einer Kapitulation gezwungen habe. Die Griechenlandkrise habe ebenso wie die Flüchtlingskrise gezeigt, dass solidarischen Lösungen in der EU derzeit kaum eine Chance gegeben werde. „Die EU ist eine Gemeinschaft national-egoistisch konkurrierender Nationen geworden und kein kooperativer Verbund“.

Europa, so Gysi in seiner immer wieder von Applaus unterbrochenen Rede, habe nur eine Zukunft als solidarisches und demokratisches Europa. „Das Motto: ‚Die Vorteile nehmen wir gerne, die Nachteile bekommen die anderen‘ ist nicht tragfähig“, betonte er. Die Rolle des Europäischen Parlaments müsse gestärkt, dem Lobbyismus der Kampf angesagt und eine europäische Sozialcharta entwickelt werden. „Die EU muss auch jenen einen Gewinn bringen, die soziale Verlierer der Krisen sind“, sagte Gysi, „sonst werden die gegenwärtigen Krisen zum Totengräber der EU“.

Die anwesenden Studierenden rief er zu politischem Engagement und Rebellion auf, denn es könne nicht sein, dass ein Alter wie er aufmüpfiger als die Jugend sei.